Text Zeljko Rusic

Lebensgroße Knieende, Späher, Kugeln: Im Bräunlinger Naherholungsgebiet Buchhalde haben die  von dem Königsfelder Bildhauer Zeljko Rusic virtuos mit der Kettensäge aus den  stehengebliebenen Stämmen altersbedingt gefällter Bäume herausgearbeiteten Skulpturen schon etliche Spaziergänger fasziniert. Nun gibt es im städtischen Kelnhofmuseum eine Auswahl mit aktuellen Arbeiten des Urhebers der Kunst im öffentlichen Raum zu sehen. Wie sich zeigt, was draußen funktioniert, gelingt auch in den Grenzen des musealen Umfelds. Man kann die über 30 Stelenfiguren, Kugeln und Reliefs in ihrer Gesamtheit betrachten, denn durch das geschickte Arrangement werden spannungsvolle Bezüge hergestellt. Man kann aber auch jeder einzelnen Skulptur als Dialogpartner begegnen. So wünscht sich das auch der Künstler, der seine Arbeiten bewusst unbetitelt lässt. Denn erst mit der Kommunikation mit dem Betrachter werden seine Geschöpfe vollkommen. Was gibt es nun bei der Annäherung zu entdecken? Auf den ersten Blick ganz unprätentiöse Menschenbilder. Grob mit der Kettensäge behauen setzen sie sich meistens nackt, selten mit Attributen wie Bücher, Koffer oder Leitern versehen, in Szene. Hört sich unspektakulär an, aber Rusics gewöhnliche Figurencharaktere berichten stets von Existentiellem. Sie spiegeln auf unmittelbare Art und Weise Freude, Trauer, eigentlich die ganzen Facetten des Menschseins wider. Dabei gleitet der Bildhauer weder in die gegenständliche Anekdote, noch in die aufgesetzte Ästhetik des Dekorativen ab. Figur wird in dieser Bildhauerei ein Abstraktum und umgekehrt macht die damit verbundene geometrische Form der Stele, der Kugel, des Rahmengerüstes die Figur erst möglich. Der Künstler lässt dem Betrachter bei der Interaktion größtmögliche Freiheit der Interpretation. Was er daraus macht, bleibt letztlich ihm überlassen. Das hat auch immer etwas mit der jeweiligen Befindlichkeit des Betrachters und dessen Erfahrungsschatz zu tun. Man kann die Figuren, die mal als einsame solitäre Kopfstelen, mal als Paare, Gruppen und zuweilen als dicht gedrängte Körper auf extrem querformatigen Reliefs erscheinen, immer auch als Spiegelbild der Gesellschaft sehen. Mal wirkt es beschützend, mal bedrohlich. Aber das ist natürlich, wie erwähnt, Sache des Betrachters und somit eine Angelegenheit, in die sich der Künstler auch nicht einmischen will. Bei aller interpretatorischer Zurückhaltung muss sich der Bildhauer dennoch der Frage stellen, wieso er eigentlich nur mit der Kettensäge arbeitet. Zeljko Rusic weiß, der Umgang mit diesem Arbeitsgerät hört sich attraktiv an, wer die Entstehung einer Skulptur mit erlebt hat kann dies sicherlich bestätigen. Aber ihm geht es dabei keinesfalls um effekthaschende Attraktion. Der Einsatz des vermeintlich martialischen Werkzeugs birgt für den Künstler, der bei seinen gegenständlichen Arbeiten stets ohne Bildhauerzeichnung ans Werk geht, immer eine Überraschung. Dies nicht in dem Sinne, dass er seinen Figuren bei einem unbedachtem Eingriff ein Körperteil amputiert, dafür beherrscht er die Säge zu perfekt. Es sind vielmehr die Zufälligkeiten auf den Oberflächen, auf denen das Werkzeug seine Spuren hinterlässt, die den Künstler faszinieren. Letztlich, oberflächliche Zufälligkeiten, die dem Betrachter den Weg zu einer spannungsvollen Auseinandersetzung weisen.

Stefan Simon, 2010

Zeljko Rusic ist Bildhauer, und das im ganz ursprünglichen Wortsinne. Er ist   Meißelarbeiter, auch wenn sein favorisiertes Arbeitsgerät mittlerweile die Kettensäge ist - das Handwerkszeug, das er virtuos beherrscht. Er weiß: Was vom Holz, weggeschlagen, weggeschnitten, entfernt wird, ist endgültig verloren. Das gibt seinem plastischen Denken, seinem bildhauerischen Schaffen eine Besonnenheit. Bei aller Akribie und perfekter Ausführung der Arbeit ist Rusic ein überaus schnell vorgehender Bildhauer. Die Skulpturen formen sich bei jedem Schnitt und Hieb, alleine der dialoghafte Prozess von handwerklicher Ausführung und Überlegung ersetzt die Skizze. Bei diesem Prozess entstehen ganz unprätentiöse Menschenbilder. Grob mit der Kettensäge behauen setzen sie sich meistens nackt, gelegentlich mit Attributen wie Büchern, Koffern, Stühlen oder Leitern versehen, in Szene. Rusics gewöhnliche Figurencharaktere berichten stets von Existentiellem. Sie spiegeln auf unmittelbare Art und Weise die ganzen Facetten des Menschseins wider. Dabei gleitet der Bildhauer weder in die gegenständliche Anekdote, noch in die aufgesetzte Ästhetik des Dekorativen ab. Figur wird in dieser Bildhauerei ein Abstraktum und umgekehrt macht die damit verbundene geometrische Form der markanten Stele, der Kugel, des Rahmengerüstes die Figur erst möglich. Der Künstler lässt dem Betrachter bei dem Dialog mit den unbetitelten Arbeiten größtmögliche Freiheit der Interpretation. Was er daraus macht, bleibt letztlich ihm überlassen. Das hat auch immer etwas mit der jeweiligen Befindlichkeit des Betrachters und dessen Erfahrungsschatz zu tun. Man kann die Figuren, die mal als einsame solitäre Kopfstelen, mal als Paare, Gruppen und zuweilen als dicht gedrängte Körper auf extrem querformatigen Reliefs erscheinen, immer auch als Spiegelbild der Gesellschaft sehen. Einer Gesellschaft, deren Verhaltensweisen der Künstler genau beobachtet. Mal wirkt die Menschenmasse beschützend, mal bedrohlich. Ambivalent, formal wie inhaltlich, geht es auch in seinen aktuellsten Arbeiten zu. Die grafische, reduzierte Struktur der Hochausarchitektur ersetzt die geometrische Form des Sockels. Die Relationen verschieben sich. Der Mensch erscheint auf diesen Symbolen für Wohlstand, Fortschritt, Zivilisation winzig klein. Einerseits throhnt er auf seinen Errungenschaften, andererseits wirken die Miniaturen sehr verloren in ihren Laufställen. Ob lebensgroße Figur, Stelenfigur oder unscheinbarer Winzling, Rusic orientiert sich stets am Menschenmaß und läßt den Betrachter an dieser Verortung des Menschen teilhaben.
 

Stefan Simon, Katalog Museum Biedermann, 2012